Södelikomödeli - jetzt ist es endlich so weit. Ich mach den Abflug. Nach vielen Wochen von überlegen wohin, erzählen was vielleicht bevorsteht, die Bestätigung erhalten, anfangen vorbereiten, emotionalen Höhen und Tiefen, packen, organisieren, anfangen verabschieden, war es heute soweit mit meinen letzten Verabschiedungen.
Der Morgen begann schon ereignisreich: während ich noch im Bett lag, sah ich die neu erstellte Gruppe auf Kakaotalk (koreanischer Messenger) des KUBA (Korea University Buddy Assistant Program) mit über hundert Personen. Gleich ein bisschen viel für mich um sechs Uhr morgens - ich bin überfordert. Als ich aufstand und ins Bad ging kam der zweite Schreck: der Badezimmerspiegel war in der Nacht heruntergefallen und am Boden zersplittert. Aber Scherben bringen Glück heisst es ja. Das kann ich auf jeden Fall gebrauchen. Nachdem kurz Stress im Hause Saaro ausbrach, ging der restliche Morgen ruhiger weiter bis zur Abfahrt.
Die Fahrt im Camper zum Flughafen war ruhig und leicht angespannt. Die Nervosität war nicht nur bei mir, sondern auch bei meiner Begleitung zu spüren. Trotzdem haben meine Eltern einen super Job am Flughafen geleistet. Das Einchecken klappte mit ihrer Hilfe einwandfrei, so dass wir noch gemütlich einen Abschiedskaffee zusammen trinken konnten. Glücklicherweise flog Jessica am selben Tag, nur in die andere Richtung. Zusammen gingen wir durch die Sicherheitskontrolle, nachdem noch einige Abschiedstränen geflossen sind. Schön nicht direkt alleine sein zu müssen!
Nachdem wir noch ein bisschen zusammensassen und plauderten, verabschiedete sich Jessica am Gate für meinen Flug nach Frankfurt. Dort musste ich erstmal eine Weile warten, da der Flug Verspätung hatte. Trotzdem verging die Zeit schnell. Ebenso verging der Flug nach Frankfurt super schnell. Kaum waren wir gestartet, landeten wir schon wieder. In Frankfurt hatte ich gemütlich Zeit das Gate für den Flug nach Incheon zu finden, mir einen Kaffee zu holen und noch ein bisschen zu sitzen. Schon am Gate, sowie im Flieger, waren entweder koreanische Menschen oder andere Austauschstudent*innen. Mit einigen tauschte ich ein paar Wörter aus, aber alle waren an unterschiedlichen Unis in Seoul.
Der Flug nach Seoul verging wie im Flug. Die elf Stunden merkte ich kaum. Geschlafen habe ich zwar nicht viel davon, dafür habe ich meine Freude an den Marvel Superman Filmen entdeckt und das erste Buch von Game of Thrones fertig gelesen (to be fair: ich war schon ungefähr bei Seite 700 von 790). Das Essen war mittelmässig, dafür vegan. Meine Stimmung war erstaunlich gelassen. Die Nervosität und Emotionalität hatte sich gelegt.
Als ich aus dem Flugzeug stieg war ich schon überrascht wie gut alles gelaufen war bis anhin. Irgendwie hatte ich damit gerechnet, dass es irgendwelche unvorhergesehenen Zwischenfälle geben würde. Ohne Probleme kam ich auch durch die Covid-Zertifikat-Kontrolle und den Zoll. Kurz vor der Immigrationsstelle sah ich eine Nachricht von meinem Vermieter, welcher meinte, ein anderer Austauschstudent würde ebenfalls heute landen und dass wir zusammen zum Studentenwohnheim kommen könnten. Das ergab sich schlussendlich doch nicht, aber die Nachrichten gaben mir eine gewisse Sicherheit, dass ich mein Zimmer tatsächlich bekommen würde. Eine Sorge von mir war, dass ich ankommen würde und doch kein Zimmer habe. Während ich auf der Suche nach einem Zimmer war, schrieb ich dem Vermieter eine Nachricht über Kakaotalk. Er fragte mich nur nach den Daten von meiner Ankunft und Abreise, wollte aber ansonsten überhaupt keine Informationen von mir, weder ein Namen, noch eine Adresse, noch eine Bankverbindung oder irgend etwas anderes.
Ich machte mich also alleine auf den Weg das Studentenwohnheim zu finden. Mit der Adresse und einem koreanischen Kartenapp suchte ich den Zug ins Zentrum, welcher mich zur richtigen Metrolinie bringen würde. Der weg war knapp 2 Stunden, aber erstaunlicherweise verlief ebenfalls alles ohne Probleme und ich fand alles direkt.
Mein erster Eindruck von Korea war noch besser, wie ich erwartet hatte. Alle waren sehr freundlich, Zug und Metro sind sehr ruhig, alles wirkt sehr organisiert. Und als die Rolltreppe beim Metroausgang nicht lief, wies mich eine Koreanerin darauf hin, dass es bestimmt einen Lift hat, anstatt den Koffer die Treppe hochzutragen. Mit meinem schweren Gepäck fand ich den 10 minütigen Weg von der Metrostation zum Wohnheim ebenfalls ohne Probleme. Völlig verschwitzt und müde kam ich an und mein Vermieter nahm mich schon auf der Strasse sehr (koreanisch) herzlich in Empfang. Er führte mich sofort mein Zimmer und wies mich an in einer Stunde wieder im Eingangsbereich zu sein, damit wir zusammen mit einer anderen Austauschstudentin zum PCR-Test konnten. Also fing ich an meine unendlich vielen Sachen auszupacken, duschte und richtete mich für das erste kleine Abendteuer.
Zusammen mit Phoenix brachte uns Uncle mit seinem Auto zum nächsten öffentlichen Gesundheitszentrum, wo wir gratis unseren obligatorischen PCR-test machen konnten. Zum Glück konnte Uncle uns bei der Anmeldung unterstützen. Da alles auf Koreanisch war, füllte er die Anmeldung für uns aus und gab seine Telefonnummer an, damit wir die Resultate bekamen. Auf dem Nachhauseweg lud er uns dann ein für einige koreanische Snacks in einem kleinen Restaurant zu probieren (das erste Mal Fleisch für mich seit etwa 3 Jahren !!!). Ich fühlte mich wie ein Kind auf einem Ausflug, dass eine Belohnung nach einem unangenehmen Arztbesuch bekam. Die Snacks waren fantastisch, mein Eindruck von Korea ging nur nach oben.
Zurück in meinem Zimmer packte ich weiter mein Gepäck aus und fing an mein Zimmer einzurichten. Dafür habe ich aber die nächsten Monate noch genügend Zeit. Einiges liess meine Vormieterin zurück. Einiges was toll ist und einiges wofür ich überhaupt keine Verwendung habe. Ich telefoniere mit den wichtigsten Menschen wie meinen Eltern, Felix und Sara. Nach den aufregenden Tagen und der Reise lege ich mich fix und fertig mit einem Tee und Game of Thrones in mein neues Bett. Aber es braucht nicht lange und ich bin weg für die nächsten zwölf Stunden.